Hörzeitung "Blindenkassette"

Eine ökumenische Gruppe, die ursprünglich aus dem Erschrecken und Erfahren der Arbeitslosigkeit nach der Wende entstand, suchte nach Wegen und Möglichkeiten, dort einzugreifen, wo Defizite offensichtlich waren. Waches Beobachten der Menschen und der gesellschaftlichen Situation, Phantasie und Mut zum Beginnen mancher Aktionen waren vorhanden. Dr. Hans Weigel sah die Lücke und Not der Blinden und Sehschwachen, regionale Informationen und Nachrichten zu bekommen. Es ist für einen Sehenden nicht einfach, sich in die Situation hinein zu versetzen, mit welcher ein schlecht oder ein nicht sehender Mensch konfrontiert wird. Tägliche Verrichtungen, wie zum Beispiel auch das Lesen der Zeitung, sind nicht ohne Hilfe möglich. Und dennoch möchte man ebenso informiert sein wie andere.

So kam der Gedanke auf, eine Zeitung in Kassettenform, die „Blindenkassette" herzustellen und an sehbehinderte und blinde Menschen zu verschicken.

 

„Herzlich Willkommen, liebe Hörerinnen und liebe Hörer, hier ist wieder die Unstrut-Hainich-Rundschau, das Magazin für Blinde und Sehbehinderte im Unstrut-Hainich-Kreis, mit den aktuellen Lokalnachrichten", so beginnt die wöchentliche Aufzeichnung der Blindenkassette und das seit mehr als 20 Jahren für ca. 20 - 25 Hörer aus dem gesamten Unstrut-Hainich-Kreis, früher waren es über 60. Die Aufnahmen erfolgten im Haus der Kirche am Kristanplatz in Mühlhausen. Nach den erfolgten Baumaßnahmen dort, findet nun die Arbeit der Blindenkassette im Gemeindezentrum Georgii / Martini statt. Gesprochen wird im monatlichen Wechsel von Ehrenamtlichen der Diakonie - es sind 7 Frauen und 4 Männer, die bereits seit vielen Jahren lesen - und jährlich wechselnden Schülerinnen und Schülern der 11. Klassen des Tilesius-Gymnasiums Mühlhausen, die so helfen, die Ehrenamtlichen zu entlasten.

 

Grundlage ist das Studium der Lokalpresse aus dem Landkreis, vor allem der Regionalteile der Thüringer Allgemeinen für Mühlhausen und Bad Langensalza. Für die Vortragenden werden die Zeitungsartikel aufbereitet und ausgeschnitten. Um eine Vielfalt an Themen zu erhalten wird eine Auswahl aktueller Artikel über Veranstaltungen, Geschehen im Unstrut-Hainich-Kreis, Polizeiberichte, Wetter, Umwelt, Witze, Kochen und Trauerfälle zusammengestellt. Auch die neuen Erdenbürger werden nicht vergessen. Die Blinden und Sehbehinderten werden immer mit einem passenden Gedicht begrüßt. Die einzelnen Artikel werden je durch einen 'GONG' getrennt. Den Abschluss der "Hörzeitung", bildet ein interessantes Back- oder Kuchenrezept aus der Rubrik "Neues und Bekanntes aus Küche und Keller", welches ein blinder Zuhörer in Blindenschrift liest und auf Kassette an Frau Busch schickt. Die Aufnahmen erfolgen mit zwei Standmikrofonen. Um eine gute Qualität zu erzielen, wird ein Mikropult, ein Verstärker, ein CD- Laufwerk und ein Kassettenaufnahme und –überspielgerät genutzt. Aufgenommen wird auf eine 90- Minuten Musikkassette (MC). Die technischen Geräte sowie das Zubehör werden vom Diakonischen Werk zur Verfügung gestellt. Nach dem Besprechen der Kassette erfolgt durch Frau Busch die Vervielfältigung in häuslicher Arbeit. Dazu wird ein Vervielfältigungsgerät benutzt, welches zu Beginn der Arbeit mit Unterstützung der Robert-Bosch-Stiftung angeschafft werden konnte. Damit werden die Kassetten erst gereinigt und dann mit der Originalkassette bespielt.

 

Wenn die Kassetten fertig sind, erfolgt freitags der kostenfreie Versand in gelben Plastikversandtaschen (Größe wie ein Briefumschlag) durch die Deutsche Post.

Nach dem Anhören der Kassette können die Hörer einfach die Adresse an der Versandtasche herumdrehen und die Kassetten kommen auf gleichem Weg zurück.